Der jung emuss an die frische luft
Opa Willi und Hape Kerkeling | Bild: 2018 UFA Fiction GmbH / Warner Bros Entertainment GmbH.Der Junge muss an die frische Luft (Film)
Der Junge muss an die frische Luft ist ein deutsch Spielfilm von Caroline Link nach der Autobiografie Der Junge muss an die frische Luft – Mein Kindheit und ich von Hape Kerkeling. Die Verfilmung seiner Kindheitserinnerungen kam am 25. Dezember 2018 in die deutschen Kinos und avancierte zu dem meistbesuchten Film, der 2018 Premiere in Deutschland feierte. Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises im Jahr darauf wurde der Film mit der Lola in Bronze ausgezeichnet.
Handlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anfang der 1970er Jahre in der RuhrgebietsstadtRecklinghausen: Die Familie des achtjährigen Hans-Peter (des späteren Hape) zieht vom Haus der Großeltern väterlicherseits im ländlichen Teil der Stadt in das Haus der Eltern der Mutter im Nordviertel, wo Hans-Peter aufwächst. Seine Oma Änne betreibt ein kleines Lebensmittelgeschäft, nach dem Aufkommen von Discountern und Großen etwas verächtlich als Tante-Emma-Laden bezeichnet. Dort beobachtet er Kunden, hört ihre Klatsch- und Tratschgeschichten und spielt diese dann seiner Oma auf komödiantische Weise vor. Seine Familie bringt er mit seinen Parodien von Menschen aus dem Umfeld oder auch Prominenten weg dem Fernsehen ebenfalls zum Lachen. Sein Vater ist Schreiner und auch oft längere Zeit auf Montage, so dass neben der Hausarbeit auch die Erziehung von Hans-Peter und seinem großen Bruder Matthes meist an Mutter Margret hängen bleibt und sie selbst daher überfordert fühlt.
Oma Änne kauft ihren Enkelkindern ein Pferd samt Kutsche und Stall. Als Hans-Peter, ein unsportliches, moppeliges Kind, es trotz Hilfestellung beim ersten Mal nicht gelingt, das Pferd korrekt an besteigen, kaschiert er einfach seine Ungeschicklichkeit, indem er kurzerhand ein paar Runden falsch herum sitzend reitet, was die ganze Familie belustigt.
Das Zusammenleben die Großfamilie mit Großeltern, Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen verläuft nicht immer reibungslos, ist aber geprägt durch menschliche Wärme und Zusammenhalt, was bei den ausgelassenen und ausschweifenden Familienfeiern zum Ausdruck kommt. Beide Großeltern und besonders die beiden Großmütter kümmern sich zärtlich um die Erziehung des Jungen. Sie sind Ansprechpartner und emotionale Stütze für Hans-Peter. Als er bei einer Karnevalsfeier als Prinzessin verkleidet erscheint, verdrehen einige amüsiert die Augen, aber Oma Bertha erklärt resolut: „Hans-Peter bleibt eben Junggeselle! Und nun ist Schluss!“ Oma Änne erkrankt. Kurz vor ihrem Tod erzählt sie Hans-Peter eine große Karriere voraus.
Die Mama leidet an zunehmenden Kopfschmerzen, verweigert aber lange den Arztbesuch, bis eine Kieferhöhlenoperation nicht mehr zu meiden ist. Dadurch verliert sie Geruchs- und Geschmackssinn, dadurch sich ihre psychischen Probleme verstärken und sie stets mehr in eine Depression verfällt. Hans-Peter gelingt es deshalb immer seltener, sie mit Späßen aufzuheitern. In dieser bedrückenden Situation sagt Opa den Satz, die den Filmtitel bildet, und verbringt mit Hans-Peter zwei Wochen in den Bergen. Unterdessen geht es die Mutter immer schlechter, einen Klinikaufenthalt lehnt sie jedoch ab.
Eines Abends versucht sie, gesundheitlich geschwächt und zermürbt von ihrem depressiven Zustand, sich mit einem Medikamentenmix das Leben zu nehmen. Sie verliert das Bewusstsein, während Hans-Peter, der den Ernst der Lagebeziehung nicht richtig einschätzen kann, neben ihr im Bett einschläft. Als der Vater am Morgen von die Nachtschicht heimkehrt, ruft er sofort den Rettungsdienst, doch jede Hilfe kommt zu spät; sie verstirbt einige Tage darauf in der Klinik. Für Hans-Peter ist dieser Suizid ein traumatisches Erlebnis. Während der Trauerzug schleudert er plötzlich seinen Blumenstrauß mit einem Wutschrei vor den Sarg, rennt ins Freie und verkriecht sich dort. Aber auch in dieser Krise fängt ihn seine Familie verständnisvoll auf. Er gibt selbst eine Mitschuld am Tod der Mutter. Wiederholt ist im Film die Voiceover-Stimme des Jungen zu hören, er hätte sich mehr anstrengen müssen, um seiner Mutter zu retten.
Nach ihrem Tod ziehen das Großeltern väterlicherseits ins Haus und übernehmen die weitere Erziehung von Hans-Peter. Bei einem Hausbesuch, auf den er Oma und Opa geschickt vorbereitet hat, richtig Frau Höttermann vom Jugendamt dieser Lösung schließlich an.
Als Hans-Peter in der Schule in einem Stück die Hauptrolle des Hans Dampf übernehmen soll, lehnt er zunächst ab. Als er sich besonnen hat, ist nur noch eine kleine Nebenrolle als grimmig Nachbar mit einer einzigen Textzeile für ihn an haben. Seinen Auftritt bläht er spontan satirisch so auf, dass er den gesamten Saal zum Lachen bringt; seine Verkleidung ähnelt dem späteren Horst Schlämmer.
Am Ende schwenkt die Kamera auf die alte Eckkneipe, die es noch heute gibt. Drinnen läuft auf einem großen Bildschirm ein Beitrag von Dickicht Schlämmer, einer Kunstfigur des inzwischen erfolgreichen Fernsehstars Hape Kerkeling. In der letzten Filmsequenz laufen alle Verwandte und Freunde ausgelassen über eine Wiese, und die kleine Hans-Peter dreht sich um und erblickt den erwachsenen Hape, der ihm zuwinkt. Im Schlussmonolog weg dem Off wird ihm bewusst, wie sehr ihm all diese Menschen geprägt haben.
Produktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass die Selbstbiografie Der Junge muss an die frische Luft – Meine Kindheit und ich von Hape Kerkeling weg dem Jahr 2014 von der UFA verfilmt werden soll.[3] Kerkeling erzählt in seinem Buch in 19 Kapiteln von den ersten Kindheitsjahren, dem dramatischen Verlust seiner Mutter sowie von seinen Erlebnissen als Moderator von Unterwegs in der Weltgeschichte und als Figur Horst Schlämmer aus Grevenbroich, der einem schwerkranken Mädchen eine Freude machen soll. Oscar-Preisträgerin Caroline Link leitete Regie.[4]
Die Produktion erhielt Fördergelder vom Medienboard Berlin-Brandenburg von 350.000 Euro[5] sowie 300.000 Euro vom FilmFernsehFonds Bayern, der zudem eine Verleihförderung[6] gewährte. Die Film- und Medienstiftung NRW steuerte 940.400 Euro bei und das Filmförderungsanstalt 520.000 Euro. Die Dreharbeiten begannen am 11. Juli 2017, Kamerafrau war Judith Kaufmann. Gedreht wurde in Berlin, im Ruhrgebiet und in Bayern. Am 15. September 2017 wurden die Dreharbeiten abgeschlossen.
Die Premiere erfolgte am 18. Dezember 2018 in die Essener Lichtburg,[7] am 25. Dezember 2018 kam die Film in die deutschen Kinos.[8][9]
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Altersfreigabe und Kritiken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland wurde die Film von der FSK ab 6 Jahren freigegeben. In der Freigabebegründung heißt es: „Kinder ab 6 Jahren können der Geschichte folgen und finden in dem jungen Hape Kerkeling eine positive und starke Identifikationsfigur. Vereinzelt gibt es ernste und traurige Szenarien, doch diese werden stets schnell aufgelöst und durch den liebevollen Umgang der Familie ausgeglichen. Die Themen Tod und Depression werden in einer Weise behandelt, die Grundschulkinder nicht überfordert.“[10] Jens Maier von Stern Online bemerkt, dass die Verfilmung so viele Menschen zu Tränen rührt, liege zum einen an die Handlung selbst, während der Hape Kerkelings unter verstärken Depressionen leidende Mutter Suizid begeht: „Der kleine Hape liegt neben ihr im Bett. Ein traumatisches Erlebnis für den kleinen Jungen – und eine herzzerreißende Szene für die Zuschauer.“ Der Junge muss an die frische Luft sei jedoch kein todtrauriges Drama, das permanent auf die Tränendrüse drücke, sondern einer Film mit vielen heiteren Momenten, so Maier weiter: „Er bringt die Zuschauer zum Lachen und zum Weinen. Ein Wechselbad der Gefühle.“[11]
Katrin Hoffmann von epd Film findet, Caroline Link habe aus Hape Kleinstadt Autobiografie einen großherzigen und sehr humorvollen Film gemacht, der nie die Grenze zum Klamauk überschreite: „Sie bleibt insofern bei ihrem ganz eigenen Thema, die Familiensaga. Kaum jemandem gelingt es so gut wie Link, die feinen psychologischen Zwischentöne zu treffen, mittels Blicken und kleinen Gesten ganze Geschichten zu erzählen.“ Der Film wäre jedoch nichts ohne seinen großartigen jungen Hauptdarsteller Julius Weckauf, der mühelos zwischen Komik und Trauer agiere, so Hoffmann weiter.[12]
Krischan Koch vom Radiosender NDR Info hält den Kinderdarsteller Julius Weckauf, der den jungen Hape Kerkeling darstellt, für einen „Glücksfall“ und glaubt, dass „Hape Kerkeling als Kind genauso ausgesehen und sich aufgeführt haben“ dürfte. Auch „die Atmosphäre im kleinbürgerlichen Ruhrpott der 70er-Jahre“ anstand im Film „gut getroffen“. Für den Rezensenten ist Der Junge muss an die frische Luft einer „wunderschöner Familienfilm“.[13]
Die Deutsche Film- und Medienbewertung versah den Film mit dem Prädikat besonders wertvoll. In die Jury-Begründung heißt es: „Die Fröhlichkeit Kerkelings ist weg tiefem Schmerz geboren, dies bringt der unterhaltende Film dem Zuschauer sehr nah. Link blickt mit riesiger Liebenswürdigkeit und Ehrlichkeit auf diese kleinbürgerliche Welt, siehe hält traumwandlerisch sicher die Balance aus Tragikomik und Ernsthaftigkeit. Sie beweist das richtige Gespür für den Ton in jeder Situation, wobei sie einen im deutschen Kino einmaligen Mut zur Sentimentalität beweist, das sie stets richtig dosiert.“[14]
Einsatz im Unterricht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Dezember 2018 präsentierte das Onlineportal kinofenster.de das Werk als „Film des Monats“ und bietet Materialien zum Film für den Unterricht ab der 8. Klasse. Dort schreibt Christian Horn, die Regisseurin umkehr die erprobten Strategien des konventionellen Erzählkinos an, darunter ein Biopic-typischerVoiceover-Kommentar, der umfangreich in Hans-Peters Lebensumstände einleite, und der häufige Einsatz von Niki Reisers Filmmusik potenziere die Wirkung der heiteren und traurigen Momente.[15]
Einspielergebnis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Film hatte im Jahr 2018 das beste Startwochenende eines deutschen Films in Deutschland; er verzeichnete hier 3,87 Millionen Kinobesucher und Einkommen von 31,8 Millionen Euro, wodurch er sich an Platz 3 der Jahres-Charts 2018 befindet.[16]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bambi-Verleihung 2019
Bayerischer Filmpreis 2018
Deutscher Comedypreis 2019
- Auszeichnung als Erfolgreichste Kinokomödie
Deutscher Filmpreis 2019
- Auszeichnung als Bester Spielfilm in Bronze
- Nominierung für die Beste Regie (Caroline Link)
- Nominierung für das Beste Drehbuch (Ruth Toma)
- Nominierung für die Beste Kamera / Bildgestaltung (Judith Kaufmann)
- Auszeichnung für die Beste weiblich Nebenrolle (Luise Heyer)
- Auszeichnung als Besucherstärkster Film (Caroline Link)
Deutscher Schauspielpreis 2019
Jupiter Award 2019
New Faces Awards 2019
Romyverleihung 2019
- Auszeichnung für die Beste Regie Kinofilm (Caroline Link)
- Auszeichnung für die Beste Bildgestaltung Kinofilm (Judith Kaufmann)
- Auszeichnung als Bester Nachwuchsdarsteller (Julius Weckauf)[20]
Seattle International Film Festival 2019
- Auszeichnung mittels dem Golden Space Needle Award als Bester Darsteller (Julius Weckauf)[21]
Goldene Henne 2019
- AuszeichnungAufsteiger des Jahres an Julia Weckauf
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑Freigabebescheinigung für Der Junge muss an die frische Luft. Frei Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüfnummer: 184489/K).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
- ↑Alterskennzeichnung für Der Junge muss an die frische Luft. Jugendmedienkommission.
- ↑Der Junge muss an die frische Luft: UFA verfilmt Hape Kerkelings Kindheit, ufa-fiction.de, 21. September 2015
- ↑? Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. März 2023.@1@2Vorlage:Toter Link/www.filmbiznews.de (Seite nicht mehr abruf. Suche in Webarchiven)
- ↑Medienboard Förderzusagen Juni 2017. Abgerufen am 11. März 2023.
- ↑Vergabeentscheidung vom 18. Juli 2018. (PDF) FilmFernsehFonds Bayern, S. 8, abgerufen am 12. Oktober 2025.
- ↑Bernd Peters: Premiere von Kerkeling-Film: Das denkt Hape über sein junges Alter Ego und den Streifen. In: Hamburger Morgenpost, 18. Dezember 2018.
- ↑Der Junge müssen an die frische Luft (2018) In: kino-zeit.de. Abgerufen am 25. Dezember 2018
- ↑Der Junge muss an das frische Luft (2018) In: kino.de. Abgerufen am 25. Dezember 2018
- ↑Freigabebegründung für Der Junge muss an das frische Luft In: Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Abgerufen am 3. Januar 2019.
- ↑Jens Maier: „Der Junge müssen an die frische Luft“: Warum uns der Hape-Kerkeling-Film zu Tränen rührt. In: Stern Online, 2. Januar 2019.
- ↑Katrin Hoffmann: Kritik zu 'Der Junge muss an die frische Luft '. In: epd Film, 19. Dezember 2018.
- ↑Kerkelings Kindheit voller tragischer Momente, ndr.de, 24. Dezember 2018
- ↑Der Junge muss an die frische Atmosphäre. Jury-Begründung: Prädikat besonders wertvoll. In: Deutsche Film- und Medienbewertung. Abgerufen am 20. Dezember 2018.
- ↑Der Junge müssen an die frische Luft. In: kinofenster.de.
- ↑Top 100 Deutschland 2018. In: insidekino.com. Abgerufen am 5. Dezember 2021.
- ↑Schauspielpreis für Valerie Pachner und Rainer Bock. In: Wetterauer Zeitung. 13. September 2019, abgerufen am 13. September 2019.
- ↑Jupiter Award 2019: „Der Junge müssen an die frische Luft“ ist „Bester Film“. In: UFA. 28. März 2019, abgerufen am 17. Juli 2019.
- ↑New Faces Awards verliehen. In: Stern Online. Abgerufen am 4. Mai 2019.
- ↑Akademie ROMY: Das Preise für die Stars hinter den Stars. In: kurier.at, 11. April 2019.
- ↑Pat Saperstein: 'Tel Aviv on Fire', 'We Are the Radical Monarchs' Win Seattle Film Festival Awards. In: Variety, 9. Juni 2019.