Kann reflux atemnot auslösen

Ist ein Reflux als Auslöser erkannt, steht eine Gewichtsnormalisierung mit Verzicht auf fettreiche, süße Mahlzeiten sowie säure- und kohlensäurehaltige Getränke im .

Gastroösophagealer Reflux und assoziierte Atemwegserkrankungen

Das Krankheitsbild der refluxassoziierten Atemwegserkrankungen ist in Deutschland vielerorts noch relativ unbekannt. Man weiß heute, daß eine Vielzahl von respiratorischen Störungen mit einem gastroösophagealen Reflux in Zusammenhang steht. Patienten mit chronischer Laryngitis, Asthma und rezidivierender Bronchitis leiden gehäuft an einem pathologischen Reflux, und es ist immer wieder erstaunlich, daß bei einer langjährigen Atemwegskrankheit nicht nach Refluxsymptomen gefahndet wird (2, 5, 6).


Epidemiologie
Die Verbindung von gastroösophagealem Reflux und chronischer Laryngitis ist häufig (1, 3, 4). Nach unterschiedlichen Untersuchungen leiden etwa 10 bis 25 Prozent die Refluxpatienten an einer gleichzeitigen Laryngitis (1, 3, 4). Die Arbeitsgruppe um Sontag aus den USA fand bei über 80 Prozent der erwachsenen Asthmatiker einen abnormen gastoösophagealen Reflux und unterstellte ursächlich erhöhte Refluxfrequenz, verzögerte Säureclearance und herabgesetzten Druck im unteren Ösophagussphinkter (9). Micklefield und May konnten bei 23 Prozentual der Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung eine Beziehung zwischenraum gastroösophagealen Refluxepisoden und akuten Atemnotanfällen nachweisen (5, 6). Allen Studien gemein ist ein Unsicherheitsfaktor in die Korrelation zwischen Reflux und Atemnot, da auch das zufällige Zusammentreffen einer Refluxepisode mit einem Dyspnoeanfall möglicher ist. Wie groß der Unterschied zwischen der beobachteten und der tatsächlichen Prävalenz ist, kann zur Zeit noch nicht eindeutig beurteilt werden (5, 6).


Pathophysiologie
Reflux von Mageninhalt in die Speiseröhre ist physiologisch; durch eine gerichtete peristaltische Aktivität wird das Refluat innerhalb kurzer Zeit per Selbstreinigung wieder in den Magen befördert. Hingegen spricht man von einem pathologischer Reflux, wenn über einen längeren Zeitraum ein pH-Wert von unter 4 im Ösophagus gemessen wird. Das Ätiologie des Refluxes ist multifaktoriell, letztendlich münden aber alle Faktoren in eine Übersäuerung der Speiseröhre mittels der Folge von Sodbrennen, epigastrischen und thorakalen Schmerz (8).
Obwohl Refluxkrankheit und obstruktive Atemwegserkrankung zu den häufigsten internistischen Krankheitsbildern gehören, wird beides vom Patienten wie vom behandelnden Arzt nur selten miteinander in Beziehung gebracht. Eine der wesentlichen Ursachen für das Übersehen dieses Zusammenhangs dürfte in der Dominanz die pulmonalen Symptomatik liegen. Erst bei genauer Anamnese stiftet sich oft heraus, daß neben den seit Jahren bestehenden pulmonalen Beschwerden bei dem Patienten auch Refluxsymptome vorliegen (5, 6).
Pathophysiologisch soll es zum einen durch refluxinduzierte Vagusreflexe zum repetitiven Hustenreiz, zum anderen durch Mikroaspiration zur direkten Säureschädigung des Respirationstrakts kommen (1, 5, 6, 10). Laryngitis, Bronchitis und pulmonale Obstruktion können hiervon die Folge sein. Begünstigend an den Reflux wirkt sich in dem Zusammenhang eine unkritische Theophyllintherapie aus, wodurch der Ruhedruck des unteren Ösophagussphinkters herabgesetzt werden kann mit der Konsequenz einer Refluxförderung (5, 6).


Diagnostik
HNO-ärztlich sind endoskopische und phoniatrische Untersuchung indiziert, der Lungenbefund wird röntgenologisch, physikalisch und funktionsanalytisch objektiviert. Die gastroenterologische Diagnostik beinhaltet das Ösophagogastroduodenoskopie und als Goldstandard die 24-Stunden-pH-Metrie mit die höchsten Spezifität bei hoher Sensitivität (5, 6).


Therapie
Nach Einführung der H2-Rezeptor-Antagonisten wurden die ersten Ergebnisse über eine medikamentöse Therapie der refluxassoziierten Atemnot vorgenommen. Offenbar ist bei diesen Patienten aber eine weitestgehende Säuresuppression notwendig, die mit H2-Blockern nicht zu erzielen ist. Inzwischen ist die Substanz Omeprazol in die Behandlung der refluxassoziierten Atemwegserkrankungen etabliert. Seit dem Einsatz der Protonenpumpenblocker wurden sämtliche verfügbaren Studien zur Thematik mit Omeprazol durchgeführt (1, 2, 3, 4, 10). Zumindest bei einem Teil der Patienten mit blockierender Atemwegserkrankung zeigt Omeprazol eine deutliche Wirkung auf das refluxbedingte Atemnot. Unbeantwortet bleibt bisher die Frage, dunkel bei diesen Patienten eine dauerhafte Besserung der bronchopulmonalen Symptomatik durch eine Refluxtherapie bewirkt werden kann (6).
Patienten mit refluxassoziierter Laryngitis scheinen dagegen fast uneingeschränkt von einer Omeprazoltherapie zu profitieren. Unter der Vorbedingung einer leichten bis mäßig ausgeprägten Ösophagitis ist die Großteil dieser Patienten nach vierwöchiger Therapie mit 40 mg Omeprazol täglich dauerhaft geheilt (3).
Im Gegensatz zur gut behandelbaren Refluxlaryngitis fällt beim vermeintlichen Reflux-Asthma die Diskrepanz zwischen der Häufigkeit von pathologischer pH-Metrie und der relativen Seltenheit eines therapeutischen Ansprechens an die säuresuppressive Therapie auf (6). Das mag mittels den vielen zugrundeliegenden Einflüssen und der Polyätiologie des Asthma bronchiale zusammenhängen. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhäng der Einsatz einer probatorischen Säuresuppression, die Rösch bereits 1990 als Differentialtherapie beim nicht kardialen Thoraxschmerz empfohlen hat (7). Bessern sich nach dreitägiger Behandlung mittels täglich 60 mg Omeprazol die respiratorischen Beschwerden, ist eine Refluxgenese wahrscheinlich, und die Diagnostik kann in diese Richtung ausgeweitet werden (2).
Findet sich einer Zusammenhang zwischen gastroösophagealem Reflux und bronchopulmonaler Symptomatik, kommt der adäquaten Therapie der Lungenkrankheit große Bedeutung an. Die inhalative Gabe von Beta-IISympathikomimetika oder Anticholinergika scheint keinen wesentlichen Einfluß auf den gastroösophagealen Reflux an haben, während bei den Theophyllinpräparaten sowohl eine Steigerung des sauren Refluxes als auch der refluxassoziierten Atemnot dokumentiert werden konnte (5, 6).
Zusammenfassend müssen bei einer chronischen Atemwegserkrankung an eine mögliche Refluxätiologie gedacht und die Patienten diesbezüglich befragt werden. Ist eine Refluxgenese wahrscheinlich, erscheint eine probatorische Omeprazoltherapie sinnvoll. Bei Ansprechen sollten eine Refluxdiagnostik und im positiven Fall eine säuresuppressive Weiterbehandlung erfolgen.


Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1997; 94: A-915-916
[Heft 14]


Literatur
1. Fraser AG: Gastroesophageal reflux and laryngeal symptoms. Aliment pharmacol Ther 1994; 8: 265-272.
2. Jaspersen D: Reflux-assoziierte Atemwegserkrankungen. Dtsch med Wschr 1996; 121: 449-452.
3. Jaspersen D, Weber R, Hammar CH, Draf W: Effect of omeprazole on the course of associated esophagitis und laryngitis. J Gastroenterol 1996; 31: 436-438.
4. Kamel PL, Hanson D, Kahrilas PJ: Omeprazole for the treatment of posterior laryngitis. Am J Med 1994; 96: 321-326.
5. Micklefield GH: Gastroösophagealer Reflux und Atemwegsobstruktion. Krankenhausarzt 1995; 68: 376382.
6. Micklefield GH, Schött D, May B: Gastroösophagealer Reflux und Beteiligung der Atemwege. Pneumologie 1996; 50: 430-436.
7. Rösch W: Konservative Behandlung benigner Erkrankungen. Internist 1990; 31: 124-131.
8. Rösch W, Armstrong D, Blum AL: Volkskrankheit Sodbrennen. Dt Ärzteblatt 1993; 90: 152-157.
9. Sontag SJ, O’Connell S, Khandelwal S et al.: Most asthmatics have gastroesophageal reflux with or without bronchodilator therapy. Gastroenterology 1990; 99: 613-620.
10. Waring JP, Lacayo J, Hunter E et al.: Chronic cough and hoarseness in patients with severe gastroesophageal reflux disease. Dig Dis Sci 1995; 40: 1093-1097.


Anschrift der Verfasser
Priv.-Doz. Dr. med. Daniel Jaspersen
Medizinische Klinik II
Städtisches Krankenhaus Fulda
Pacelliallee 4-6 36043 Fulda


Priv.-Doz. Dr. med. George Micklefield
Medizinische Klinik
Ferdinand-Sauerbruch-Klinikum
Arrenberger Straße 20 32117 Wuppertal